Bei der Untersuchung der Zwischenprodukte trat die Schwierigkeit auf, daß viele Aluminumalkoholate nicht als einzelne unabhängige Moleküle vorliegen, sonderen oftmals ein Gel bilden, welches ja auch im Rahmen des Gesamtprojektes gewünscht war.
Ein solches Gel zeichnet sich durch eine enge Vernetzung der einzelnen Moleküle aus, welche zu einer erhöhten Viskosität der Lösung und zu einer Verbreiterung der Resonanzlinien führt. Diese Verbreiterung kann so stark werden, daß Resonanzen nicht mehr mit Hilfe der hochauflösenen NMR gemessen werden können.
Die Verbindung bildet in Lösung ein Tetramer
[21,28]. Es wurde untersucht, ob der vorliegende
Ansatz auch ein solches Tetramer bildet, und an welchen Stellen die
verschiedenen Reste im Komplex lokalisiert sind.
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In einem solchen Tetramer sind nicht alle Positionen gleich, sondern es sind verbrückende und endständige Positionen zu unterscheiden. Diese könnten entweder statistisch mit 2-Butoxy- und iso-Propoxyethanol-Resten besetzt sein, oder aber eine wohlgeordnete Struktur aufweisen.
Im -Spektrum (Abbildung 3.8) beobachtet man trotz der
Änderung der Koordinationszahl der zentralen Aluminiumatome noch die
Linien der endständigen 2-Butoxygruppen. Dies deutet darauf hin, daß
die 2-Butoxygruppen immer noch die endständigen Positionen innehaben.
Gleichzeitig beobachtet man auch freies 2-Butanol.
Zur weitergehenden Untersuchung wurden je ein TOCSY - und ein HMQC -Spektrum (Abbildungen A.3 und A.5) aufgenommen. In Tabelle 3.3 ist die Zuordnung der entsprechenden Signale dargestellt.
Im TOCSY lassen sich sechs verschiedene Spinsysteme
beobachten. Wie schon aus den -Spektren vermutet wurde, gehört eines
zu freiem 2-Butanol. Ein weiteres läßt sich 2-Butoxyresten an den
terminierenden Positionen des Komplexes zuordnen. Das Signal bei 3,2
ppm stammt von der Hydroxylgruppe des 2-Butanols.
Die verbleibenden Signale stammen von gebundenen iso-Propoxyethanolresten. Dieser Schluß liegt nahe, da kein Spinsystem mit den Resonanzlagen des freien iso-Propoxyethanols übereinstimmt. Insbesondere die Signale der Protonen der Methylgruppen C-1 und C-2 sind im Vergleich zur freien Spezies stark verschoben. Man beobachtet dabei je drei verschiedene Signale für C-1 und C-2, in Tabelle 3.3 mit X,Y und Z gekennzeichnet, jedoch nur je ein Signal für C-3 und C-4.
Die Umsetzung könnte gemäß Gleichung 3.3 stattfinden.
Die Bestimmung des Faktors in Gleichung 3.3 erweist sich
als schwierig. Gesucht ist im einfachsten Fall eine Struktur, die
doppelt soviele endständige Positionen wie verbrückende Positionen
aufweist. Desweiteren sollten sich in ihr die verbrückenden
Positionen unterscheiden und Aluminium der Koordinationszahlen 6 und 4
vorkommen.
Das erste Kriterium erfüllt sowohl ein zweikerniger Komplex als auch ein dreikerniger, zyklischer Komplex. Im Dimer sind die verbrückenden Positionen gleich, im zyklischen Tetramer jedoch nicht. Allerdings sind in einem solchen dreikernigen Komplex alle Aluminiumzentren vierfach koordiniert.
Möglich ist jedoch auch eine Anordnung, in der 2-Butanolreste an den terminierenden Stellen sitzen, die iso-Propoxyethanolreste jedoch alle Positionen statistisch besetzen.
Aus dem -Spektrum (Abbildung 3.8 oben) geht jedoch
hervor, daß die Aluminiumzentren mit sechsfacher Koordination die Struktur
bestimmen. Das
-Spektrum deutet auf die Existenz einer
weiteren, wahrscheinlich polymeren Struktur hin. Unter der Resonanz
des sechsfach koordinierten Aluminiums beobachtet man eine weitere,
breite (ca.
) Resonanz mit einem Maximum bei 50 ppm. Dies
weist auf eine tetramere Struktur ähnlich der des
hin.
Im ROESY-Spektrum (Abbildung 3.9) kann man ein intensives, negatives Signal zwischen Pr-C3 (3,59 ppm) und t-B-C4 (0,86 ppm) beobachten. Daraus folgt, daß diese beide Protonen einen Abstand kleiner 5 A einnehmen. Eine solche Entfernung ist gegeben, wenn 2-Butanolreste, wie oben gezeigt, die terminalen Positionen und iso-Propoxyethanolreste die verbrückenden Positionen im Komplex besetzten. Die restlichen negativen Signale im ROESY-Spektrum lassen sich auf eine Wechselwirkung über den Raum innerhalb der verschiedenen Liganden zurückführen.
Messungen der Diffusionskonstanten, deren Ergebnisse sind ebenfalls in
Tabelle 3.3 dargestellt, liefern einen klaren
Hinweis darauf, daß in der Probe mindestens zwei isolierte Moleküle
vorliegen. Zum einen 2-Butanol mit einer Diffusionskonstanten von etwa
5,5
, zum anderen betragen die Diffusionskonstanten aller anderen
beobachteten Kerne etwa 1,8
. Dies deutet darauf hin, daß die in
Tabelle 3.3 mit X,Y und Z bezeichneten
iso-Propoxyethanolreste sowie die terminierenden 2-Butanolreste Teile
eines größeren Verbandes sind. Möglich ist jedoch auch, daß es sich
dabei um verschiedene Komplexe ähnlicher Größe und Zusammensetzung
handelt, obwohl dies wegen der kleinen Streuung der Diffusionswerte
unwahrscheinlich ist.
Zusammenfassend läßt sich sagen, daß
in Lösung ein äußerst
komplexes System darstellt. Ein Strukturelement stellt das zwei
Aluminiumzentren verknüpfende iso-Propoxyethanol dar. Der Komplex wird
durch 2-Butoxyreste nach außen abgeschlossen. Im Zentrum stehen
sechsfach und wohl auch vierfach koordinierte Aluminiumatome.
Gemeinsam bilden sie wahrscheinlich eine supramolekulare Komponente
der Zusammensetzung
. Das bei der
Umsetzung frei werdende 2-Butanol läßt sich anhand seiner chemischen
Verschiebung sowie der Diffusionskonstanten nachweisen.
In der Synthese des Endproduktes (siehe den folgenden Abschnitt) wird die Mischung aus Aluminiumsekundärbutylat, iso-Propoxyethanol, Propionsäure und Tetraethoxysilan mit einer wässrigen Aluminiumnitrat Lösung hydrolysiert. Es wurde die Rolle des Wassers und des Aluminiumsalzes bei dieser Umsetzung untersucht. Aus diesem Grund wurde zunächst eine Mischung der genannten Komponenten ohne Hydrolyse hergestellt (Probe A) und vermessen. Anschließend wurde eine weitere Probe dargestellt, mit reinem Wasser hydrolysiert (Probe B) und untersucht.
In den TOCSY Spektren von Probe A und B (Abbildung
A.6) erkennt man die in Tabelle 3.4 gezeigten vier
Spinsysteme. Es fällt auf, daß sich durch die Zugabe von Wasser das
TOCSY Spektrum nicht ändert. Insbesondere ist, wie auch im
-Spektrum zu sehen, keine Hydrolyse des Tetraethoxysilans
eingetreten. Bei einer solchen Hydrolyse wäre mit dem Auftreten von
mindestens einem zusätzlichen Spinsystem, dem des freiwerdenden
Ethanols, zu rechnen.
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Die im Zwischenprodukt
beobachteten breiten
Protonenresonanzen, die einer polymere Form zugeordnet wurden, lassen
sich nicht mehr beobachten, d.h. diese Komponente hat sich komplett
aufgelöst. Auch die mit Y-Pr bezeichneten Signale aus dem vorherigen
Abschnitt sind verschwunden, und es sind keine neuen Signale zu
beobachten.
Alle gebundenen 2-Butoxyreste sind aus dem Molekül verdrängt worden
und liegen als freies 2-Butanol in Lösung vor. Das -Spektrum
(Abbildung A.7, unten) deutet nach Kriz [22] auf eine
tetramere Struktur.
Etwa zwei Fünftel der zugefügten Propionsäure dienen im vorliegenden Fall als Lösungsmittel, während die restlichen drei Fünftel der Propionsäure an Aluminiumzentren koordiniert werden. Dabei lassen sich vier verschiedene Carbonylgruppen bei 184, 183, 182,6 und 181,9 ppm unterscheiden.
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Die Zugabe von 1 Moläquivalent Wasser bewirkt eine fast vollständige
Freisetzung der gebundenen Propionsäure, zu erkennen am einem
deutlichen Intensitätsverlust der Linien im -Spektrum (Abbildung
3.11) bei 184, 183, 182,6 und 181,9 ppm im Vergleich
zur Carbonylresonanz der freien Säure bei 178,5 ppm. Es wird also
offensichtlich zunächst die Aluminiumkomponente bei der Hydrolyse mit
Alumiumsalzfreien Wasser hydrolysiert. Tetraethoxysilan liegt auch
weiterhin in seiner ursprünglichen Form vor, und nimmt nicht am
molekularen Geschehen an den Aluminiumzentren teil. Dafür spricht auch
das
-Spektrum, welches dem des Tetraethoxysilans entspricht.
Bemerkenswert ist auch, daß das noch im vorherigen Reaktionsschritt beobachtete Signal der Hydroxylgruppe des freien 2-Butanols bei 3,2 ppm vollständig verschwunden ist. Demzufolge könnte 2-Butanol im Zuge der Reaktion deprotoniert worden sein. Eine wahrscheinlichere Erklärung ist jedoch eine Verbreiterung der Linie durch Ausbilden einer starken Wasserstoffbrückenbindung, etwa zur freien Propionsäure.
Im -Spektrum (Abbildung A.7, unten) von Probe B
beobachtet man ein starkes Signal bei 1,5 und ein schwächeres Signal
bei -7 ppm. Aufgrund der chemischen Verschiebung dieser beiden Signale
ist anzunehmen, daß es sich dabei um zwei Aluminiumzentren mit
Koordinationszahl 6 handelt, die sich jedoch in der Art ihrer Liganden
unterscheiden. Daneben wird noch eine breite Linie bei 60 ppm
beobachtet. Diese Linie könnte von vierfach koordinierten Aluminium
stammen, allerdings entspricht sie in Intensität und Form weitgehend
dem Signal einer reinen Lösungsmittelprobe. Daher ist davon
auszugehen, daß es sich bei der beobachteten Resonanz im wesentlichen
um ein Signal aus dem Probenkopf handelt.